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Simone Götz
27. February 2025

KI-Prototyping: Nutzen und Herausforderung

Websites, Softwareanwendungen und Mobile-Apps werden seit längerem mit Programmen wie Balsamiq oder Figma prototypisiert. Damit können Userflow und Interaktion schnell getestet werden, bevor die zeitintensive Umsetzung startet.

Dasselbe ist sinnvoll, wenn der Einsatz von KI-Anwendungen evaluiert werden soll.

Heute fällt der Entscheid, KI einzusetzen, oft sehr schnell, die Umsetzung ist jedoch nicht immer ein Gewinn für die Nutzenden. Neben den technischen Aspekten müssen auch die Auswirkungen auf Menschen und Organisation beleuchtet werden.

Ist KI-Prototyping ein Tool-Thema?

Es gibt hunderte KI-Tools, täglich kommen neue hinzu und alte verschwinden. Ein einzelnes Tool deckt selten alle Bedürfnisse ab, oder es entstehen Herausforderungen wie Vertraulichkeit. Hier bietet sich die Entwicklung einer individuellen KI-App an.

Wäre es ein konventionelles Software-Projekt, würden wir als UX-Designer die Bedürfnisse der Nutzenden untersuchen und anschliessend den Flow und die Interaktionen mit einem Balsamiq- oder Figma-Prototyp evaluieren. Bei KI-Apps reicht dieser Ansatz nicht aus, da wir die Auswirkungen auf Mensch und Organisation berücksichtigen müssen. Mit einem funktionsfähigen KI-Prototypen können alle Bereiche effizient untersucht werden.

Es gibt verschiedene Tools, mit denen ohne grosse Coding-Kenntnisse eigene KI-Applikationen erstellt werden können. Zwei einsteigerfreundliche Tools sind Mindstudio und n8n. Mit wenigen Klicks lassen sich Workflows und Automatisierungen erstellen und live testen. Die App kann als MVP von den Nutzern verwendet werden, bis die Entwicklung der Version 1 abgeschlossen ist.

Chatten mit vertraulichen Dokumenten

Ein Use Case, der mit KI-Protoyping gelöst werden kann sieht wie folgt aus:

Als Mitarbeitende möchte ich wissen, wie viele Ferientage ich zur Verfügung habe oder welche Arbeitstage zusätzlich vergütet werden. Normalerweise muss ich mich durch lange PDF-Dokumente kämpfen und die relevanten Informationen herausfiltern.

Die Dokumente können nicht einfach in offene Chat-Agenten wie ChatGPT oder ähnliche eingegeben werden, da sie vertrauliche Informationen enthalten könnten.

Ein lokales RAG ist hier die Lösung, der Flow ist sehr einfach. Aber die Frage, ob ein echtes Bedürfnis besteht und welchen Nutzen die Mitarbeitenden davon haben, ist unklar. Der KI-Prototyp bringt hier die Antwort.

Abbildung eines Prozesses zum Erstellen eines AI-Agenten mit n8n
Prozess AI-Agent n8n

So sieht ein möglicher Flow aus: Als erste Abfrage dient die Frage nach dem Alter und gegebenenfalls dem Jobtitel. Anschliessend kann, wie von ChatGPT gewohnt, mit den Dokumenten gechattet werden. Auf die Frage nach verfügbaren Ferientagen gibt die KI-App eine altersgerechte und auf dem Jobtitel zugeschnittene Antwort.

Dieser Use Case ist zwar einfach, lässt sich jedoch auf alle Arten von Dokumenten übertragen und im Gegensatz zu Apps wie ChatGPT sind die Dokumente mit dem lokalen RAG geschützt.

Diese App kann nun live als MVP den Mitarbeitenden zur Verfügung gestellt werden. Wird sie genutzt und der Workload der HR-Mitarbeitenden reduziert, lohnt sich eine Entwicklung mit erweiterten Funktionalitäten, die mit Low-Code-Tools nicht möglich sind.

Auswirkungen auf User Experience Designer

Was bedeutet dies für uns als UX-Designer? Die Ansprüche an Prototypen steigen stetig, und je nach Entwicklungsstand reicht ein statischer Figma-Prototyp nicht mehr aus, um den Nutzen eines neuen KI-Dienstes zu bewerten. Low-Code-Programme wie n8n oder Mindstudio können hier eine Lösung bieten. Die Hauptaufgabe als UX-Designer muss jedoch weiterhin das Untersuchen der Bedürfnisse der Nutzenden sein – und dies im Einklang mit einem echten Mehrwert für Mensch und Unternehmen.